→ MUZEUM
SUSCH
Ilona Keserü:
Flow
Kuratorin:
Mónika Zsikla
Forschungsbegleitung der Ausstellung:
Agata Jakubowska
Eröffnung:
13. Dezember, 2024
zu sehen bis 26. October 2025
Die vom Muzeum Susch ausgerichtete Retrospektive "Ilona Keserü: Flow" präsentiert Werke einer der bedeutendsten abstrakten Künstlerinnen Ungarns, in einer Ausstellung, die die wiederkehrenden Motive und Themen erforscht, die Keserüs unverwechselbaren Zugang zur Kunst seit mehr als 70 Jahren prägen.
In Keserüs Œuvre treffen markante Entwicklungslinien der modernen europäischen Kunst auf Referenzen zu barocker Architektur und ungarischer Volkskultur. Unter den Künstler*innen, die ihr Denken nachhaltig beeinflusst haben, hebt Keserü besonders Maria Jarema, Alberto Burri, Lucio Fontana und Cy Twombly heraus. Ihre künstlerische Inspiration bezieht sie auch aus folkloristischen Motiven und Textilien, insbesondere den rustikalen Unterröcken, die sie auf dem Markt ihrer Heimatstadt Pécs erwarb.
Ein einjähriger Aufenthalt in Italien (1962) weckte ihre Faszination für die italienische Architektur, was zur Entstehung von Keserüs ersten wichtigen Gemälden führte. Diese Werke, die als Einstieg in die reife Phase der Künstlerin gelten, lehnten figürliche Bilddarstellungen zugunsten der Abstraktion ab. 1967 entdeckte die Künstlerin die herzförmigen spätbarocken Grabsteine auf dem Friedhof von Balatonudvari und erkannte in ihnen das "Bild ihrer instinktivsten Handbewegung." Dieser Moment der Inspiration und Klarheit führte zu einem Wellenmotiv, das mit einem Bogen durchzogen ist und zentral für Keserüs künstlerische Praxis wurde. Ein weiteres wiederkehrendes Motiv ist das „Knäuel“, das ebenfalls als eine der zentralen Metaphern ihres Œuvres betrachtet werden kann.
Die späten 1960er Jahre waren für Keserü eine Zeit intensiver Experimente, in denen sie begann, verschiedene Materialien und Techniken zu erkunden. In dieser Phase – unabhängig von der zeitgleich aufkommenden "zweiten Welle" des Feminismus – traten die Themen weiblicher Identität in ihrer Kunst hervor. Sie gehörte zu den Ersten ihrer Generation, die das Nähen nicht als reines Handwerk, sondern als grundlegendes Mittel ihres künstlerischen Ausdrucks nutzten. Für ihre Textilreliefs entwickelte Keserü die Technik der Leinwandprägung, die zu ihrem Markenzeichen werden sollte.
Farben spielten traditionell eine zentrale Rolle in Keserüs Schaffen. Tatsächlich basierte ihr Einsatz leuchtender, lebendiger Farbtöne auf ihren Studien über die Beziehung zwischen den Farben der menschlichen Haut und den Farben des Regenbogens. Sie hat auch andere Aspekte der Regenbogenfarben ausgearbeitet, manchmal in Kombination mit sprachlichen Elementen oder in Bezug auf die Anwesenheit von Teilnehmenden. 1987 brachte Keserüs Interesse am „Möbiusband“ sie dazu, eine unendliche Farbfolge mit räumlichen Formen zu verbinden. Ein weiterer Wendepunkt in ihrer jahrzehntelangen Farbforschung kam 2001, als sie nach ihrem zweiten Aufenthalt in Rom von der Renaissancetechnik des Cangiante angezogen wurde, die sie für die Umschreibung von musikalischem Klang in visuelle Formen nutzte.
In diesem Jahr feiert Ilona Keserü ihren 91. Geburtstag und arbeitet weiterhin mit unverminderter Kraft. Der letzte Raum der Ausstellung zeigt die neuesten Werke der Künstlerin, die eine eindrucksvolle Perspektive auf die Retrospektive als Ganzes bieten.
Ilona Keserü wurde 1933 in Pécs, Ungarn, geboren. Sie absolvierte 1958 die Akademie der Bildenden Künste in Budapest (im Freskomalerei-Studio von István Szőnyi). Keserü arbeitete zunächst als Illustratorin. Ab Mitte der 1960er Jahre begann sie, ihre Kunst auszustellen und nahm an wichtigen Ausstellungen teil, die die sogenannte Iparterv-Generation prägten. Parallel dazu begann sie, ihre Karriere als Bühnenbildnerin zu entwickeln. Ab 1983 unterrichtete sie an der Universität Pécs und wurde später eine der Gründerinnen der Meisterschule für Bildende Kunst in Pécs. Keserü hat mehrere bedeutende ungarische Kulturpreise erhalten. In jüngster Zeit wurden ihre Werke in Ausstellungen gezeigt, die die weltweit wichtigsten abstrakten Künstler präsentieren (z. B. Epic Abstraction: Pollock to Herrera, The Metropolitan Museum of Art, New York, 2019. Women in Abstraction, Centre Pompidou, Paris, 2021).
Mónika Zsikla ist Kunsthistorikerin und Kuratorin. Sie studierte Kunstgeschichte und Ästhetik an der Katholischen Pázmány Péter Universität und setzte ihre Ausbildung im Ästhetik-Programm der Doktorandenschule für Philosophie an der Eötvös Loránd Universität fort, wo sie 2024 ihren PhD mit einer Dissertation über die Theorien der monochromen Malerei erwarb. Zwischen 2007 und 2015 arbeitete Zsikla als künstlerische Leiterin der Kisterem Galerie in Budapest, und von 2017 bis 2020 war sie Kuratorin der Budapest Galerie. In den Jahren 2020 bis 2024 war sie kuratorische Direktorin von Q Contemporary, Budapest. Seit 2017 ist Zsikla Dozentin an der Moholy-Nagy Universität für Kunst und Design. In den letzten zehn Jahren hat sie zahlreiche Ausstellungen zur ungarischen und internationalen zeitgenössischen Kunst kuratiert und co-kuratiert. Zu Zsiklas jüngsten kuratorischen Projekten zählen: Zsófia Keresztes – After Dreams: I Dare to Defy The Damage (Ungarischer Pavillon, 59. Biennale von Venedig, 2022), Ilona Keserü: All (Q Contemporary, 2023), Dóra Maurer: The Thematisation of Structure (Vaszary Galerie, Balatonfüred, 2023–2024), László Fehér: Capturing Memory (Q Contemporary, 2023), Mediating Time and Charm (Q Contemporary, 2023), The Image of Colour, the Mystery of Image (MODEM, Debrecen, 2024). Sie ist AICA-Mitglied.
Agata Jakubowska ist Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Warschau und Autorin und Herausgeberin zahlreicher Publikationen zur Kunst von Frauen. Kürzlich veröffentlichte sie ‚Horizontal Art History and Beyond. Revisioning Peripheral Critical Practices‘ (Hrsg. mit Magdalena Radomska, Routledge 2022), eine Monografie über die polnische Bildhauerin Maria Pinińska-Bereś unter dem Titel ‚ Kunst und Emanzipation der Frauen im sozialistischen Polen. Der Fall Maria Pinińska-Bereś ‘ (auf Polnisch, Warsaw University Press, 2022) und eine IKONOTHEKA-Ausgabe mit dem Titel ‚Feminist Art Historiographies in Eastern Europe and Latin America‘ (33/2023, Hrsg. mit Andrea Giunta). Derzeit erforscht Jakubowska die transnationale Geschichte von reinen Frauenausstellungen (gefördert durch das Polnische Nationale Wissenschaftszentrum). Im Rahmen dieses Projekts bereitet sie ein Buch mit dem Titel ‚Real and Imagined Communities in All-Women Exhibitions‘ vor. Sie ist Mitglied des Redaktionsteams von Avant-Garde Critical Studies (Brill) und der internationalen TEAM-Initiative (Teaching, E-learning, Agency, Mentoring) unter der Leitung von AWARE (Archives of Women Artists Research & Exhibitions).
International press:
Sutton Comms, London| E: ginevra@suttoncomms.com| T: +44 (0)7809 901890