Muzeum Susch

DornerRastl / AT

O/MISSION POSSIBLE Audio Guide

Acziun Susch commission 2021

Einzigartiger Spaziergang durch das Muzeum Susch

Die Architektur steht im Mittelpunkt dieses eigens für das Muzeum Susch in Auftrag gegebenen Projekts. Das Wiener Duo Lisa Rastl und Willi Dorner hat gemeinsam mit Erich Schmid die Museumsräume durchwandert und erlebt und dabei die Frage gestellt, wie Erich, der seit seiner Geburt blind ist, das labyrinthische Gebäude des Museums in seinem Kopf wahrnimmt und konstruiert. Da Herr Schmid nicht visuell abgelenkt ist, verlässt er sich vor allem auf sein Gehör, seinen Geruchssinn, Temperatur, seinen Gleichgewichtssinn und seinen Tastsinn. Was ist der Eindruck von Herrn Schmid? Und "Ein-Druck" scheint in der Tat das passendste Wort zu sein, das die reine und praktische körperliche Erfahrung und Geste betont.

o/mission possible ist ein Audioguide, der zusammen mit einem Blinden entwickelt wurde.

Da Herr Erich Schmid von Geburt an blind ist, konnte er nie sehen und sich daher auf keinerlei visuelle Eindrücke beziehen. Er sagt immer, dass er nichts sieht, nicht einmal schwarz oder weiß, einfach nichts. Also unvorstellbar. Damit stoßen wir an die Grenzen der Wahrnehmung und des Denkens.

Ich glaube, dass es für uns ebenso unvorstellbar ist, zu begreifen, was für ein "Bild" ein blinder Mensch schafft. Durch Nachfragen erfahre ich, dass Erich tatsächlich Bilder macht. Wir sprechen darüber mit Wörtern, die er gelernt hat, und doch sind seine Bilder und Vorstellungen von den Wörtern, die wir gemeinsam benutzen, anders, einfach anders als für uns, die Sehenden. Wir haben zum Beispiel über sein Verständnis von "rot" gesprochen: Für ihn ist es nur ein Wort, aber er hat keine konventionellen Bilder und Gefühle damit verbunden. Und "Wand" ist ein Klang und eine Erfahrung in Form von Berührung.

Diese einleitenden Bemerkungen sind für mich wichtig, um besser zu verstehen, was es für einen blinden Menschen bedeutet, durch ein Museum zu gehen, ohne in bestimmte Räume geführt zu werden.

Für ihn erschließen sich die Räume durch einen Klang. Er erzeugt Geräusche, um über das Echo die Dimensionen eines Raumes wahrzunehmen oder - um festzustellen, ob es sich nur um einen Durchgang handelt oder wo sich eine Bank oder eine Öffnung in der Wand befindet. Das Gehör ist sein wichtigster Orientierungssinn.

Mit diesem Audioguide möchte ich den Besuchern einen besonderen Zugang zum Gebäude, zur Architektur bieten. Die Kunst, die hier normalerweise im Mittelpunkt steht, und auch die Schönheit der Architektur des Muzeum Susch sind für Herrn Schmid bei einer ersten Begegnung zweitrangig. Er muss sich zurechtfinden und dieser Vorgang erfordert seine ganze Aufmerksamkeit. Sich nur auf seine Orientierung zu verlassen, erwies sich als Herausforderung: Wie in einem echten Labyrinth ist das Betreten und Durchqueren an sich spannend, während das Finden des Weges nach draußen Anstrengung und besonders geschärfte Aufmerksamkeit erfordert.

Der Führer wurde in Zusammenarbeit mit dem Tontechniker Paul Ebhart erstellt, der Herrn Schmids Stimme während seines Spaziergangs durch die Museumsräume aufnahm. Man hört beides - die Geräusche der Räume und Herrn Schmids Worte, während er sich orientiert und seinen Weg geht. Das Gebäude, das mit räumlichen Besonderheiten ebenso aufgeladen ist wie mit den aktuell ausgestellten Kunstwerken, wird hier auf ein objekthaftes Phänomen heruntergebrochen, das aus Klang besteht, das man anfassen kann, das sich anders anfühlt und riecht. Es wird auf ein Objekt reduziert, das im Fall von Herrn Schmid kein visuelles Ereignis ist.

Ich lade Sie zu diesem Spaziergang ein und lasse mich auf diese Erfahrung ein, die uns einlädt, unseren alles beherrschenden Sehsinn auszublenden und eine Möglichkeit bietet, in andere Sphären als die unserer täglichen Wahrnehmung einzutreten. In den Räumen des Museums Susch wird dieser Kontrast der Erfahrungen für uns, die Sehenden, noch deutlicher wahrnehmbar.

Willi Dorner, 22.7.2021

CREDITS:


Link zu O/MISSION POSSIBLE Audio Guide HERE

Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Rastl/ Willi Dorner (Wien, AT)
Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Rastl/ Willi Dorner (Wien, AT)

Am Anfang ihrer Zusammenarbeit stand das Projekt "Feet of Contemporary Choreographers". Ihr gemeinsames Interesse an Architektur und gebauter Umwelt führte sie in der Zusammenarbeit weiter - Lisa Rastl als Fotografin und ihre visuelle Perspektive auf den Raum und im Gegensatz dazu Willi Dorner in seiner körperlichen Praxis und seiner körperlichen Wahrnehmung unserer gebauten Umgebung.

Die Fotos, Filme, der Dokumentarfilm und seine Beschreibungen bezeugen und beweisen ihr tiefes Verständnis von Körpern in Beziehung zu Raum und Architektur, das sie in ihren Projekten über die Jahre hinweg entwickelt haben.

Ihre Arbeiten wurden in Festivals und Kunstinstitutionen gezeigt, wie z.B.

Art Basel/Basel; Turner Contemporary/Margate/UK; Garage Moskau; Deutsches Hygienemuseum/Dresden/D; National Museum of Modern and Contemporary Art/Seoul/Korea; Valetta/Kulturhauptstadt 2018; Riga/Kulturhauptstadt 2014; Lentos/Linz/A; Theatermuseum/Wien/A; Kunstpavillion/Innsbruck/A; Musee d`art Contemporaine, Vitry-sur Seine, F.

https://www.dornerrastl.at